Mein erster Besuch in Meschendorf nach fast 30 Jahren
Als neunjähriges Kind habe ich mit meiner Familie die Heimat verlassen. Inzwischen war ich seit fast 30 Jahren nicht mehr dort. Immer wieder nahm ich mir all die Jahre vor, wieder hinzufahren, Aber immer kam etwas dazwischen, gab es Wichtigeres, waren die Urlaubstage knapp und ich fragte mich, was ich da auch noch solle, nachdem doch alle nach Deutschland weggegangen waren. Hatte ich überhaupt noch einen Bezug zu meiner Heimat nach all den Jahren? In diesem Jahr nun aber habe ich es dann endlich wahr gemacht. Ich fuhr zur Kulturwoche/Wiedereinweihung der Kirche in Meschendorf.
Als ich mich Meschendorf näherte, erinnerte ich mich wieder an so vieles. Ich kannte den Weg, wußte genau, wo wir abbiegen mussten, erkannte am Ortseingang das Haus meiner Patentante und das meiner Großeltern und und und. Aber ich war enttäuscht, fast schockiert über die Situation des Dorfes, hatte ich es doch wie ein Märchen in Erinnerung. (Und ich dachte, hätte ich es doch lieber dabei belassen...) Aber was hatte ich auch erwartet, wie ein Dorf aussieht, das alle vor vielen vielen Jahren verlassen haben? Denn dafür sieht es nämlich eigentlich noch ganz gut aus, wie z. B. die neu renovierte Kirche. Im Gottesdienst fiel mir als erstes das Taufbecken auf, an dem ich getauft wurde und freute mich darüber, dass der rumänische Geistliche den Gottesdienst mit gestaltete, das wäre früher undenkbar gewesen.
Nach dem Gottesdienst erinnerte ich mich auf dem wunderschönen "Tanzplatz" wehleidig an die vielen Dorffeste, die wir hier gefeiert hatten. Hier sprach mich eine Familie aus München an, die Meschendorf an diesem Tag rein zufällig besuchte. Zum Schluss fragten sie, ob ich glaubte, dass es dieses Dorf wohl in 20, 30 Jahren noch geben werde. Nach einer kurzen Pause antwortete ich ganz überzeugt, dass es Meschendorf dann ganz bestimmt noch geben werde! (Meine Antwort überraschte mich, ich hatte selbst Bedenken, wie konnte ich das wissen? Aber ich wollte wohl ganz einfach, dass es noch ganz lange existiert...)
Zum Gedenken an die Verstorbenen fand eine Ehrung der Toten auf dem Friedhof statt. Der Weg zum Friedhof führte über malerische Blumenwiesen mit alten Bäumen, vorbei an freilaufenden Pferden. Der sehr gepflegte Friedhof ist wunderschön gelegen, und ich legte mit meiner Mutter Blumen am Grab meines Großvaters ab, das ich zuvor noch nie besucht hatte, ebenso am Grab meiner beiden Urgroßeltern. Die anschließende Andacht von Pfarrer Schmidt war bewegend und sehr schön gestaltet (es gab sogar eine Musikkapelle, mitsingen konnte ich aber vor lauter Schluchzen nicht).
Immer wieder hörte ich Aussagen der älteren Generation, wie. "Was soll einmal werden, wenn wir nicht mehr nach Meschendorf reisen können? Dann bleibt nur noch die Erinnerung an die schönen Zeiten, man kann die Zeit eben nicht zurückdrehen." Und ich dachte: "Wer wird die Gräber dann noch besuchen? Werden unsere Häuser einfallen zu Ruinen wie in vielen anderen Dörfern?"
Nach 3 Tagen Besichtigung der umliegenden Dörfer und Kirchenburgen freute ich mich darauf, mal wieder eine Stadt zu sehen und plante, die Siebenbürgischen Städte zu besuchen, stellte aber am ersten Tag bereits fest, dass mir Meschendorf schon fehlte. Ich war traurig, nicht mehr dort zu sein...
Was mir an Erinnerung an den Urlaub bleibt, sind verlassene Häuser, die an vergangene Zeiten erinnern, hübsche rumänische Kinderaugen, dass Kirchen in Siebenbürgen wichtig sind, der romantische Garten im Hof meiner Eltern, das Wiedersehen mit ganz lieben Meschendörfern (wie Tilly-Tante und Mitz, bei denen ich das Gefühl hatte, wir hätten uns nie aus den Augen verloren, obwohl sie mich als Neunjährige in Erinnerung hatten) Hunde, Pferde und Kühe, die in Freiheit leben, Märchen-Blumenwiesen und Obstbäume.
Danke an meine Freundin Tina, die mich begleitet hat, und an meine unermüdliche Mutter (das Wichtigste kommt immer zum Schluss!), die uns so viel gezeigt, herumgefahren und verwöhnt hat. (So war es dann unter dem Strich auch nicht mehr ganz so tragisch, dass ich Peter Maffay am Kulturtag in Radeln nicht mehr treffen konnte...) Ich wünsche mir, dass ich mit meinem Bericht einige Jüngere vielleicht animieren kann, beim nächsten Mal in Meschendorf mit dabei zu sein. Das ist die einzige Chance, dass sich meine Aussage der Münchener Familie gegenüber - dass es Meschendorf in 20, 30 Jahren ganz sicherlich noch geben wird - bewahrheitet.
Herzliche Grüße
Hermine
(Tochter von Hermine u. Peter Antoni)